Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch
Viele Studentenjobs werden ohne ein formelles Bewerbungsprozedere vergeben. Anders sieht es aus, wenn du dich zum Beispiel auf eine ausgeschriebene Stelle in einem großen Unternehmen bewirbst. Höchstwahrscheinlich erwartet dich dann ein Vorstellungsgespräch oder Bewerbungsgespräch.
Dabei hat der Arbeitgeber großes Interesse daran, möglichst viel über dich zu erfahren. Umgekehrt wirst du dich in einem positiven Licht präsentieren und deine Privatsphäre schützen wollen. Hier erfährst du, welche Fragen ein Arbeitgeber nicht stellen darf und wie du als Bewerber in dieser Situation reagieren kannst.
Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch seitens des Arbeitgebers
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein weitreichendes Fragerecht, dem jedoch auch Grenzen gesetzt sind. Das gilt insbesondere für Fragen mit sachfremden Inhalten sowie für Fragen, die das Privatleben eines Bewerbers betreffen. Insoweit hängt die Zulässigkeit einer Frage von ihrem jeweiligen Inhalt ab. Hellhörig werden solltest du, wenn bei deiner Bewerbung für einen Studentenjob oder eine andere Stelle folgende Themen zur Sprache kommen:
Krankheit, Schwangerschaft und Behinderung
Im Allgemeinen sind Bewerber nicht verpflichtet, auf Fragen, die die Gesundheit betreffen, eine Antwort zu geben. Anderes gilt, wenn die Erkrankung so schwerwiegend ist, dass der Bewerber in Zukunft nicht in der Lage sein wird, seinen Job auszuüben.
Handelt es sich um eine ansteckende Erkrankung, besteht ebenfalls eine Offenlegungspflicht seitens des Bewerbers, um Kollegen und Kunden nicht zu gefährden. Diese Auskunftspflicht setzt sich übrigens auch während eines Arbeitsverhältnisses fort.
Zu den verbotenen Fragen im Bewerbungsgespräch zählt auch die nach einer möglichen Schwangerschaft, weil es sich dabei um eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Geschlechts handelt. Diese Frage ist selbst dann unzulässig, wenn es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt und die Bewerberin dieses aufgrund der Schwangerschaft dann nicht antreten kann. Ausnahmsweise ist die Frage nach einer Schwangerschaft erlaubt, wenn die Bewerberin als Schwangerschaftsvertretung eingestellt werden soll.
Auch die Frage nach einer möglichen Behinderung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitgeber berechtigte Zweifel an der Eignung des Bewerbers hat, weil die Ausübung der Tätigkeit mit speziellen Anforderungen verbunden ist.
Glaube und politische Überzeugungen
Fragen nach politischen Überzeugungen oder der Religion beziehungsweise dem Glauben sind grundsätzlich in einem Bewerbungsgespräch nicht gestattet. Gleiches gilt für gewerkschaftliches Engagement beziehungsweise die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft.
Anderes gilt in der Regel für Arbeitgeber, die parteipolitisch oder konfessionell ausgerichtet sind, zum Beispiel für einen bezahlten Job bei einer parteipolitischen oder kirchlichen Institution. Sowohl politische Parteien als auch konfessionell ausgerichtete Arbeitgeber haben ein berechtigtes Interesse daran, dass die Überzeugungen des zukünftigen Arbeitnehmers mit den eigenen deckungsgleich sind. Wenn du dich zum Beispiel an deiner (staatlichen) Uni eine Bewerbung als studentische Hilfskraft anvisierst, ist dieser Themenbereich Tabu.
Vermögensverhältnisse und Lohnpfändungen
Grundsätzlich sind Fragen nach den Vermögensverhältnissen eines Bewerbers oder nach Lohnpfändungen nicht gestattet. Doch auch hier gibt es eine Ausnahme, die Führungskräfte betrifft. Hier hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an den persönlichen Vermögensverhältnissen eines Bewerbers. Diese Information kann er nutzen, um Rückschlüsse auf eine generelle Zuverlässigkeit im Umgang mit Vermögen ziehen zu können.
Wichtig ist das unter anderem bei Bewerbungen von Führungskräften mit Budgetverantwortung und Geschäftsführern. Nur bei intakten Vermögensverhältnissen ist es möglich, der potenziellen Führungskraft das gebührende Vertrauen entgegen zu bringen. Dabei bleibt es dem Arbeitgeber freigestellt, eine Schufa-Auskunft einzuholen, um die Bonität eines Bewerbers zu prüfen.
Die Frage nach anstehenden Lohnpfändungen ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn diese für den Arbeitgeber mit einem erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand verbunden sind. Bei geringfügigen Pfändungen ist die Frage unzulässig.
Familienstand und Herkunft
Manche Tipps für eine Bewerbung sind und bleiben (leider) geschlechtsspezifisch: So sind es vor allem immer noch Bewerberinnen, denen Fragen in Bezug auf den Familienstand oder die Familienplanung gestellt werden, was generell unzulässig ist. Das betrifft auch Fragen nach der ethnischen Herkunft.

Sowohl bei Fragen nach der Familienplanung als auch bei solchen nach der ethnischen Herkunft handelt es sich um nicht erlaubte Diskriminierungen. Erlaubt sind indes Fragen nach der Muttersprache beziehungsweise nach den Sprachkenntnissen des Arbeitnehmers, sofern diese beruflich von Bedeutung sind.
Vorstrafen und drohende Haftstrafe
Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber nicht nach Vorstrafen fragen, sofern diese nicht in direktem Zusammenhang mit der Jobausübung stehen. Ist eine Vorstrafe für die ausgeschriebene Stelle relevant, darf der Arbeitgeber diesbezüglich Fragen stellen. Beispielhaft ist der LKW-Fahrer, der nach Verkehrsdelikten gefragt werden darf.
Läuft ein aktuelles Ermittlungsverfahren gegen einen Bewerber, ist diesbezügliche eine Frage nur erlaubt, wenn durch dieses Verfahren Zweifel an der Eignung eines Bewerbers aufkommen. Ein Beispiel ist die Bewerbung eines Erziehers oder einer Erzieherin, gegen den oder die ein Ermittlungsverfahren wegen Gewalt, Nötigung oder sexuellen Missbrauchs läuft.
In den genannten Fällen hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse, davon zu erfahren. Droht gar eine Haftstrafe, ist der Bewerber dazu verpflichtet, den Arbeitgeber von sich aus zu informieren. Insoweit bestehe eine Offenbarungspflicht des Bewerbers.
Wer als Bewerber auf zulässige Fragen wahrheitswidrig antwortet, muss mit entsprechenden Sanktionen rechnen. So kann der Arbeitgeber unter Umständen ein bereits zustande gekommenes Arbeitsverhältnis anfechten oder Schadenersatzansprüche gegen den Arbeitnehmer geltend machen.
Was du bei verbotenen Fragen im Vorstellungsgepräch tun kannst
Doch wie reagiert ein Bewerber auf unzulässige Fragen? Er steckt in einer Zwickmühle: Beantwortet er eine Frage nicht, kann das eine Benachteiligung im Bewerbungsprozess zur Folge haben. Nachteilig kann es sich auch auswirken, wenn der potenzielle Kandidat den Arbeitgeber darauf hinweist, dass er diese Fragen aus rechtlichen Gründen nicht stellen darf – beziehungsweise er als Bewerber darauf keine Antwort geben muss. Welcher Arbeitgeber mag es schon, von einem potenziellen Kandidaten im Bewerbungsgespräch bevormundet oder bloßgestellt zu werden? Außerdem drängt sich der Eindruck fehlender Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber auf.
Tatsächlich hat der Bewerber bei unzulässigen Fragen das Recht zur Lüge. Das heißt, er darf wider besseres Wissen falsche Angaben machen. Rechtliche Orientierung für Bewerber bietet ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 6. Februar 2003 - 2 AZR 621/01, wonach wahrheitswidrige Antworten auf unzulässige Fragen keine negativen Folgen für den Bewerber haben.
Wenn du also bald einen Termin für ein Vorstellungsgespräch hast, informiere dich vorab über das Fragerecht des Arbeitgebers – und wo dieses Recht seine Grenzen hat. Das gibt dir Sicherheit für das anstehende Treffen und wird mit darüber entscheiden, ob deine Bewerbung von Erfolg gekrönt wird.
Bereite dich auch darauf vor, dass bei deinem Bewerbungsgespräch mindestens zwei weitere Personen anwesend sind. Denn der Arbeitgeber ist gut beraten, wenn er aus Gründen der Beweisbarkeit mindestens eine weitere Person zum Bewerbungsgespräch hinzuzieht und im Idealfall ein Verlaufsprotokoll über das Bewerbungsgespräch anfertigen lässt. Auf diese Weise besteht Rechtssicherheit und mögliche Missverständnisse können verlässlich ausgeräumt werden.
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Überarbeitet am: 30.08.2022